Frauen-EM: «Es ist alles einfacher mit Erfolg»

Auf Einladung der SRG Region Basel diskutierten am «Stammtisch» SRF-Fussballjournalistin Seraina Degen, Ex-Nationalspielerin Martina Moser und SRF-Produktionsleiter Arno Balmer über die Entwicklung des Frauenfussballs, die mediale Sichtbarkeit und die Bedeutung der Euro in der Schweiz.
Soll man noch «Frauenfussball» sagen oder einfach nur «Fussball», was es im Kern ja eigentlich ist, egal ob Frauen oder Männer spielen? Man sagt ja auch nicht konsequent Frauentennis und Frauen-Skirennen. Diese Frage geisterte am Stammtisch der SRG Region Basel im Didi Offensiv zum Thema «Fussball-EM der Frauen – mehr als nur ein Hype» mehrfach herum.
Was muss passieren, dass die Geschlechterdiskussion im Fussball endgültig ad acta gelegt wird und die Euphorie um die Frauen-Europameisterschaft im kommenden Juli in der Schweiz hinaus anhält? Darüber diskutierten unter der Leitung von Patrick Künzle, Leiter SRF Regionalredaktion BS/BL, SRF-Sportjournalistin und Fussballkennerin Seraina Degen, die 129-fache Nationalspielerin und heutige SRF-Fussballexpertin Martina Moser und Arno Balmer, Technischer Projektleiter Sport Produktionen SRF.
Länderspiele in Feld- und Wiesenstadien
Martina Moser hätte sich zum Zeitpunkt ihres ersten Länderspiels im Jahr 2005 nicht annähernd vorstellen können, dass 20 Jahre später in der Schweiz eine EM mit mehreren hunderttausend Zuschauerinnen und Zuschauer stattfinden wird. Eine mediale Berichterstattung über Länderspiele gab es zu dieser Zeit nur in Ausnahmefällen. Länderspiele hätten abseits der breiten Öffentlichkeit in «Feld- und Wiesenstadien» stattgefunden, erinnerte Moser.
Den grössten Entwicklungsschritt hat der Frauenfussball mit der Qualifikation der Schweizer Nati für die Weltmeisterschaft 2015 in Kanada genommen. Sämtliche Turnierspiele der Schweizerinnen wurden im SRF live übertragen. «Es ist alles einfacher mit Erfolg», waren sich Martina Moser und Seraina Degen einig. Mit der Übertragung von sämtlichen Länderspielen sorge das Schweizer Radio- und Fernsehen heute für eine identische Abdeckung der Nationalteams der Frauen und Männer, erklärte Arno Balmer. Seraina Degen, Martina Moser und Arno Balmer unterstrichen die Bedeutung der medialen Sichtbarkeit für die Wahrnehmung des Frauenfussballs.
Vereine sollen für die Frauen die Stadien öffnen
Dass dies alleine noch nicht reicht, zeigt der Ligaalltag in der Schweiz, der teilweise noch immer vor wenigen hundert Zuschauerinnen und Zuschauern auf kleinen Sportplätzen stattfindet. Gerade für die Aussendarstellung sei es essenziell, dass die Spiele in richtigen Stadien stattfinden, betonte Arno Balmer. «Das erleichtert die Produktion und erhöht die Qualität des Produkts, was dem Frauenfussball automatisch einen höheren Stellenwert verleiht.» Eine weitere Herausforderung für die Weiterentwicklung des Frauenfussballs sieht Seraina Degen in der fehlenden Infrastruktur im Breitenfussball. Weil Kunstrasenfelder fehlen, können Vereine Kinder – darunter mittlerweile viele Mädchen – nicht aufnehmen.
Wie schon als aktive Spielerin nimmt Martina Moser auch als SRF-Expertin bei Frauen- und Männerspielen eine Vorreiterinnenrolle ein. «Entweder versteht jemand den Fussball oder nicht», antwortete die ehemalige Nationalspielerin auf die Frage nach den Geschlechtern in den von Männern dominierten Expertenrunden.
Kritisch sieht Martina Moser die ständigen Vergleiche zwischen Frauen- und Männerfussball in sportlicher und finanzieller Hinsicht. Schon eine halbprofessionelle Liga wäre aktuell für die Schweiz positiv. Finden die Ligaspiele nach einer möglichen EM-Euphorie häufiger in Stadien statt und medial den Weg zu den Menschen, würde man wahrscheinlich schon früher nur noch von «Fussball» statt von «Frauenfussball» sprechen.
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Sendetipp «Gredig direkt»
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Sie ist Captain der Schweizer Nationalmannschaft, zentrale Figur bei Arsenal Women FC und eine wichtige Stimme im Frauenfussball. Kurz vor der Heim-EM 2025 spricht Lia Wälti bei «Gredig direkt» über ihre Karriere, ihre Kämpfe und den Mut, Schwäche zu zeigen.