Nach 33 Jahren ist Schluss
Als ich im März 1988 zum ersten Mal das Studio Basel betreten habe, da stand noch die Berliner Mauer und im Haus wurde überall geraucht, dass man abends die Kleider auslüften musste. 33 Jahre später sage ich Adieu und das alte Radiostudio steht auch nicht mehr.
Als Journalist sitzt man immer in der ersten Reihe, was mich immer fasziniert hat: Beim Mauerfall war ich Stagiaire im Studio Bern und habe mitgeholfen, aktuelle Stimmen aus Berlin zusammenzutragen, oder nach 9/11 hab ich als Westschweizkorrespondent über den in Genf lebenden Halbbruder Yeslam Bin Laden berichtet. In der Region Basel war ich dabei, wie das Laufental den Kanton wechselte, Regierungsleute abgewählt wurden und sich das Rheinbord von der Drogenriviera zum Touristenmagnet mit Rheinschwimmen entwickelte. Ich habe erlebt, wie Häuser nicht mehr besetzt, sondern zwischengenutzt wurden, und wie vorgängig Undenkbares plötzlich zur Realität wird: Ciba und Sandoz fusionierten zu Novartis, Christoph Blocher kaufte die BaZ.
Dabei zu sein, war für mich als SRG-Journalist Privileg und Verpflichtung zugleich. Es ist nicht selbstverständlich, unabhängigen Journalismus betreiben zu können. Ich weiss, was ich persönlich dem Service Public zu verdanken haben. Und ich war froh, als vor drei Jahren 71,6% der Stimmenden die No Billag-Initiative bachab geschickt und damit unsere Arbeit honoriert haben.
Dieter Kohlers Radioleben...
Dieter Kohlers Radioleben...
... ist eng mit dem Studio Basel und dem Regionaljournal Basel Baselland verbunden: Denn dort steigt er 1988 als Anfänger in den Journalismus ein, die letzten 11 Jahre leitet er die Basler Regionalredaktion. Dazwischen ist er Inland- und Kulturredaktor, Westschweiz- und Bundeshauskorrespondent und Interviewer in der Samstagsrundschau. Im Studio Basel engagiert er sich als stellvertretender Studioleiter für den Standort Basel. Mit 60 Jahren wagt er nun den Schritt in die Selbstständigkeit und verabschiedet sich von SRF.
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1992
Live-Einsatz bei den Basler Wahlen
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2001
Als Westschweiz-Korrespondent im Lausanner Büro
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2016
«Stadtgespräch» im Trois Rois mit Elisabeth Ackermann anlässlich der Regierungsratswahlen
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2020
Unterwegs zu einer der Corona-Live-Reportagen
In den letzten 10 Jahren hat die Digitalisierung auch die Radiowelt umgekrempelt. Neu kamen Online, Twitter, Facebook und Live-Streaming dazu. Und plötzlich hört (fast) die ganze Welt mit, wenn wir 'vo Schönebuech bis Ammel' senden: Lokal goes global! Je grösser das Publikum, desto höher sind die potenziellen Hörer- und Klickzahlen. Der messbare Erfolg kann steigen. Gleichzeitig suchen die Leute mit der fortschreitenden Globalisierung auch nach neuen Orientierungshilfen - in Form von Lokalnachrichten. Hier allerdings bedient man nur ein kleines Publikum und muss tiefe Nutzerzahlen rechtfertigen. In diesem Spannungsfeld stehen wir heute.
Das Studio auf dem Bruderholz ist abgerissen und gleich wie nach dem Mauerfall muss sich das Neue zuerst bewähren. Schnell ist die Kritik zur Hand, dass früher alles besser war. Ich selbst traure dem alten Standort nicht nach. Das Meret Oppenheim-Hochhaus ist ein idealer Ort für die Medienzukunft und die Mitarbeitenden haben ihn mit journalistischem Leben gefüllt. Die Digitalisierung ist ein langer Weg mit Chancen und Risiken. Als «Lobbyist» für die Region Basel habe ich mich immer dafür eingesetzt, dass das Lokale auch bei den neuen Entwicklungen nicht vergessen geht.
Vor 33 Jahren wurde ich von vielen lieben Kolleg:innen im Studio Basel offen empfangen und sofort unterstützt. Teamarbeit ist für mich bis zuletzt das Wichtigste geblieben; so möchte ich mich an dieser Stelle bei meinem ganzen Team herzlich für die vergangenen Jahre bedanken. Einschliessen möchte ich dabei auch die SRG Region Basel, die die Arbeit des Regionaljournals ebenso kritisch wie unterstützend begleitet hat.
Dieter Kohler, Leiter Regionalredaktion BS BL (bis Ende Mai 2021)
Die SRG Region Basel hat Dieter Kohler im im Rahmen der begleitenden Online-Veranstaltung zu 95. Generalversammlung vom 20. Mai 2021 verabschiedet. Das Interview ist hier (ab 8"50') zu sehen.